15
Jan
2008

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Unser kleines Besäufnis war gegen acht Uhr abends beendet. Ich war dann auch schon ganz schön im Tee und das nach nur vier von den Kinderbieren -die füllen hier noch nicht mal 0,33l in die kleinen Fläschchen- und einem doppelten Mezcal. Hoffe mal, das war nur meiner viertägigen Abstinenz und der vielen frischen Höhenluft geschuldet und wird sich bald wieder normalisieren. Weitaus beunruhigender finde ich, daß ich wieder weit vor Mitternacht totmüde ins Bett fiel und somit zu tiefster Nachtstunde -es mag wohl kurz nach fünf gewesen sein- putzmunter in selbigem stand. Scheine mich zwar so langsam wieder meinem üblichen Schlafpensum von sechs Stunden zu nähern und habe somit zwei, drei Stunden mehr zum Arbeiten pro Tag. Aber muß das zu so abartigen Zeiten geschehen? Ich arbeite schon gerne nachts, nur halt lieber bevor ich ins Bett oder in die Kneipe gehe und nicht kurz vor dem Aufstehen. Sowas kann doch nun wirklich nicht gesund sein.

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Hatte Joaquin am Abend zuvor mit ins Hostal geschleppt, um ihm zu zeigen, wie gut man hier für wenig Geld wohnen konnte. Er hatte sich sofort in dan Laden verliebt. Da zufällig das Zimmer neben meinem frei war, reservierte er es für den nächsten Tag, falls nicht doch noch Gäste die Nacht auftauchen sollten. Es kamen auch keine neue Gäste mehr. Allerdings schaute ich mir am Morgen das Zimmer noch mal etwas genauer an und stellte fest, daß es eigentlich noch schöner, nämlich größer, als meins war. Bat darum umziehen zu können, was mir gestattet wurde, wenn ich die Sache mit Joaquin klärte. Als ich ihm sagte, daß ich den zusätzlichen Platz für meine Jogaübungen brauchte, war der Tausch für ihn okay.

Muß an dieser Stelle nun doch noch mal eine Lanze für das „Santa Isabel“ brechen. Mein erster Eindruck hatte mich total getäuscht. Das Hostal ist eines der angenehmsten, in denen ich je abgestiegen bin, mit einem schattigen, grünen Innenhof, einer sonnigen Terrasse und einigen illustren Langzeitgästen, wie meinem Nachbarn aus Amiland, der den ganzen Tag auf seiner Gitarre übt. Ich glaube es kann kaum einen besseren Platz geben in Oaxaca abzusteigen, was mir die zwei, drei Stichproben in anderen Hostales dann irgendwie auch bestätigten. Falls ich kein WG-Zimmer in der Innenstadt finden sollte, werde ich mich hier wohl auf Dauer niederlassen.

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Hatte mir ja vorgenommen, noch ein paar Sprachschulen auszukundschaften. Das ging leicht in die Hose. Die erste, die ich ansteuerte, wollte sich gar nicht erst finden lassen, obwohl ich die Adresse auch noch mal auf dem Stadtplan im Internet gecheckt hatte. Die nächsten beiden machten nicht den Eindruck, als ob sie wirklich das waren, was ich suchte. Hier wäre ich halt Tourist unter Touristen gewesen. Da gefiel mir die Uni doch schon besser. Bin nach dem Essen noch einmal hin, um die Sache dort festzumachen. Hatte dabei allerdings nicht mit „La Vida Mexicana“ gerechnet. Um halb zwei war niemand anzutreffen. Mein Fehler, das war wohl noch mitten in der Mittagspause. Kam also kurz vor drei noch einmal und ging etwas desillusioniert viertel nach wieder los. Entweder ist die Mittagspause hier extrem lang oder es wird gar nicht mehr studiert am Nachmittag. Die Spanischkurse jedenfalls finden nur am Vormittag statt. Werde es also noch einmal zu etwas früherer Stunde probieren.

Möchte an dieser Stelle mal wieder ein paar Beobachtungen zum Besten geben. Schon am zweiten Tag fielen mir riesige weiße Tanklastwagen auf, die die Aufschrift „Agua para uso humano“, Trinkwasser; trugen. Nun gut, daß es wohl nicht ratsam sei das Wasser direkt aus dem Hahn zu trinken, hatte ich mir schon gedacht und auch immer fleißig Wasserflaschen gekauft. Hier im Hostal stehen sogar 20-Liter-Flaschen zur allgemeinen Benutzung bereit. Aber in Oaxaca nimmt wohl niemand das normale Wasser für mehr als Dusche oder Klospülung. Denn nicht nur größere Restaurants sondern auch die Comedores auf dem Markt und Privathaushalte lassen sich durch die Tanklaster mit Trinkwasser im großen Stil beliefern. Auch ich werde ab jetzt nur noch das bereitgestellte Wasser aus der Küche nehmen, selbst wenn ich mir einen Kaffee koche.

14
Jan
2008

...

Daß mein Blog auf soviel Interesse stößt, hätte ich nie geglaubt. Ob ich nun allen Erwartungen gerecht werde und immer etwas zur abendlichen Lektüre beisteuern kann, wird sich zeigen. Irgendwann hält ja der Alltag bei mir Einzug und der ist auch in fernen Gefilden eher unspektakulär. Noch ist es aber nicht soweit. Noch gibt es allerhand zu organisieren, was dann doch immer wieder kleinere Herausforderungen heraufbeschwört, über die zu berichten es sich lohnt.

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Habe mich heute zu Mittag in den Mercado del 20 de Noviembre, den mit den vielen Comedores, zum Essen begeben. Mußte einmal mehr feststellen, daß sich meine Theorie über die Preise auf den Märkten wohl nicht halten läßt. Hier war das Essen nicht wirklich günstiger als ein „Menu del Día“ in den kleinen Restaurants. Aber mit einer Sache hatte ich recht. Es ist viel lustiger in einem Comedor auf dem Markt zu essen, dicht gedrängt mit den anderen Gästen am Tresen sitzend. Man kommt sofort mit seinen Nachbarn ins Gespräch. So habe ich in meiner heutigen Mittagspause Joaquin aus Oregon – Er ist schon Ami, hat sich aber ein spanisches Pseudonym zugelegt, weil die Leute sich hier schwer tun mit der Aussprache nicht-spanischer Namen. Sollte ich vielleicht auch machen. Würde mir so manchen Lacher ersparen. – und Blanca, die eine Bar um die Ecke hat, kennen gelernt. Haben noch ewig vor unseren leer geputzten Tellern gesessen und geschwätzt. Werde Joaquin nachher in Blancas Bar treffen und ihre Einladung auf einen Mezcal annehmen.

Nach dem Essen bin ich dann zur „Facultad de Idiomas“ der UABJO, der Fremdsprachenfakultät einer der beiden Unis in Oaxaca gegangen. Da hatte ich wieder mal das richtige Gespür gehabt. Hier wurden tatsächlich auch Spanischkurse für Ausländer angeboten und das um ein vielfaches günstiger als an den privaten Sprachschulen, die ich im Netz gefunden hatte. Habe mir ein wenig über die Kurse erzählen und 'nen Link zu weiteren Informationen auf der Seite der Uni geben lassen. Klingt alles ziemlich gut, zumal mir die Atmosphäre auf dem nur zehn Minuten vom Hostal entfernten Campus gut gefiel. Werde aber trotzdem noch ein wenig rumhorchen. Blanca hatte auch etwas empfohlen, das ich mir morgen mal ansehen werde.

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Ist ein lustiger Abend geworden mit Joaquin in Blanca und Marios Bar, die sich „Los Girasoles“, „Die Sonnenblumen“ nennt. Der Laden hat, obwohl nur wenige Meter vom Zocalo entfernt, etwas vom Flair einer Eckkneipe, wo der Wirt auch gern mal einen mit den Gästen hebt. Und das hat er dann auch getan, als er uns die von Blanca versprochenen Freidrinks brachte. Ich glaube hierher werde ich öfter kommen, der Laden hat schon Potential mein Stammlokal zu werden. Und da saß ja auch noch diese Chica linda bei Mario am Tisch. Ein Grund mehr, hier nicht das letzte Mal gewesen zu sein.

Joaquin trinkt zwar nicht so richtig viel, ist aber ansonsten ein ganz lustiger Typ. Zu Hause in Oregon arbeitet er für eine NGO, die ein Auge darauf hat, was für Sauereien die Regierung mit dem öffentlichen Land so anstellt. In sein Auto zu steigen bereitet ihm immer ein schlechtes Gewissen und im Sommer versucht er so viele Wege wie möglich mit dem Rad zu erledigen. In Oaxaca ist er einerseits, um ein wenig „dental work“ erledigen zu lassen und auf der anderen, um für sozial engagierte Freunde in den USA, alles Lehrer in ihren achtzigern, Kontakte zu hier tätigen NGO's herzustellen. Na da war ich ja auf den richtigen Mann gestoßen. Sofort waren wir drin in der schönsten Diskussion über Politik und Umweltschutz. Irgendwann meinte er, wenn wir so weiter reden will er gar nicht mehr zurück in die Staaten, wie seiner Zeit 2001. Damals hat er seiner Heimat für eine Weile den Rücken gekehrt, wegen der zunehmend schlechter werdenden politischen Situation. Die von ihm gezogene Parallele zu Deutschland vor siebzig Jahren, hinkte allerdings ein wenig. Immerhin kann er immer noch für eine NGO arbeiten, die der Regierung kritisch gegenüber eingestellt ist. Davon abgesehen wäre es für ihn zu jenen Zeiten schon ratsam gewesen rechtzeitig die Koffer zu packen, als links orientierter Homosexueller jüdischer Abstammung.

13
Jan
2008

...

Bin in aller Herrgottsfrühe aufgewacht. Draußen dämmert es gerade. Ein Blick auf die Uhr zeigte, daß es gerade mal sieben war. Habe mich trotzdem aus dem Bett gehievt und meine Jogaübungen gemacht. Auch das gehört ja zu Hause zu meinem normalen Tagesprogramm und soll es auch hier werden.

Es war Sonntag. Der Himmel war leicht bedeckt und es war noch empfindlich kühl. Ich schnappte mir die Kamera und machte mich auf den Weg, einige sonntägliche Eindrücke einfangen. Zu Hause würde wohl niemand auf die Idee kommen am Sonntag um acht nur einen Fuß vor die Tür zu setzen. Ganz anders hier. Als ich zur Basilika kam, verließen die ersten Gläubigen diese bereits wieder, während weitere noch zur Messe strömten. Am Zocalo nahm das Leben auch schon seinen Lauf. Zwar schlief ein Obdachloser noch seelenruhig in der Sonne auf einer Parkbank. Der ältere Herr auf der Bank nebenan war aber schon mit der morgendlichen Zeitungslektüre fertig. In den Restaurants ließen sich die ersten Touristen zum Frühstück nieder und die Schuhputzer gingen eifrig ihrer Arbeit nach. Als dann kurz nach neun laute Werbesprüche davon kündeten, daß die Geschäfte öffneten, machte ich mich auf den Heimweg.

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Zu Mittag brach ich noch einmal zum Mercado auf. Wollte dort essen gehen, was wie ich aus anderen Ländern wußte, billiger und vor allem lustiger ist, als in den Restaurants. Ich durchstreifte noch einmal den ganzen Markt, konnte aber außer einem Eisladen und diversen Saftständen nichts wirklich meinen Vorstellungen entsprechendes finden. Das konnte doch eigentlich gar nicht sein, ein Markt ohne Essensstände gibt es doch nicht. Verließ das bunte Labyrinth in der Richtung, wo laut meiner Karte sich noch ein weiterer Mercado befinden sollte. Nur konnte ich, wie am Vortag, keinen Eingang entdecken. Ließ mich deshalb in einem kleinen Restaurant gegenüber dem Markt nieder und aß Quessadillas. Gut gesättigt schlenderte ich weiter und entdeckte nur wenige Schritte entfernt, etwas zurückgesetzt, ein riesiges Portal, das zu einer sonnendurchfluteten Markthalle führte. Hier gab es weder Schuhe, noch Hüte. Auch Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch suchte man vergebens. Dafür befand sich in dieser Halle, neben einem halben Dutzend Bäckerständen, Comedor neben Comedor. Diese hatten an diesem Sonntag wohl noch nicht genug Gäste gehabt. An jedem zweiten hielt man mir eine Karte entgegen und forderte mich auf Platz zu nehmen. Schade eigentlich, daß ich schon gegessen hatte. Hier gefiel es mir bei weitem besser, als in dem Laden vorhin. Aber morgen war ja auch noch ein Tag, an dem zu Mittag gegessen werden muß.

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Den Nachmittag habe ich mit Schreiben und der Sichtung der der am Morgen geschossenen Bilder verbracht. Hätte nie gedacht, daß es soviel Zeit kostet ein Blog zu führen. Nun gut, nicht die ganze Zeit benötige für das Schreiben und Bilder hochladen. Nicht wenig geht auch für Dinge drauf, die mich früher noch monatelang nach einer Reise beschäftigt haben, wie das Archivieren und verschlagworten der Bilder. Nicht zuletzt weil ich das gleich hier erledigen wollte, hatte ich ja die technische Aufrüstung vorangetrieben.

Bin am Abend noch mal kurz durch die Straßen geschlendert. Der Zocalo bot jetzt ein ganz anderes Bild als am Morgen. Jede Bank schien belegt zu sein. Vor den Restaurants saßen nun auch Mexikaner und aßen zu Abend. Besonders groß war aber das Gedränge vor der Kathedrale, wo Dutzende Familien riesige Ballons in Form meterlanger Würste in die Luft warfen. Insbesondere der Nachwuchs schien daran einen Heidenspaß zu haben und wollte sich dann auch nicht mehr von dem neuen Spielzeug trennen. Es mußte unbedingt mit nach Hause genommen werden, egal wie man es in das viel zu kleine Taxi gequetscht bekommt.
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