9
Mrz
2008

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Die Plazuela Labastida ist für mich so ein bißchen der Ersatz für den Helmholtzplatz geworden. Allerdings bekommt man hier anderes als zu Hause zu sehen. Jonny wurde im Parque Llano Zeuge noch aufregendere Dinge als ich hier erlebe.

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Bilder: Ein Tag auf der Plazuela Labastida

Oft sitze ich morgens und manchmal auch am Abend auf der Plazuela Labastida, um ein wenig zu arbeiten. Das schöne an diesem Platz, abgesehen davon daß er relativ ruhig ist und Bäume hat, in deren Schatten man sich vor der Sonne zurückziehen kann, mit ein wenig Glück komme ich hier ins WLAN des gegenüberliegenden Café Cuiles und kann so nebenbei auch meine Mails checken oder Bilder auf den Server laden.

Wenn ich früh gegen neun eintreffe, ist der Platz noch fast menschenleer. Ein paar Stunden später findet man hier dann einen bunten Kunstmarkt. Als erste kommen die Artesania-Händler, oftmals Indiginafrauen in traditionellen Kleidern. Sie schieben schwer beladene Sackkarren übers Pflaster auf denen neben ihren Waren alles verstaut ist, was benötigt wird, um ihre Stände zusammen zu zimmern. Bis zehn haben sie die kleine Straße, welche den Platz von der dahinter liegenden Häuserzeile trennt, mit Kleiderständern, Tischen und vor allem Dutzenden bunter Sonnenschirme zugestellt.

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Aber zuvor wird sauber gemacht. Fast alle ziehen einen Besen aus dem Gepäck und fegen akribisch den Flecken, welchen ihr Stand einnehmen wird. Nicht nur die Händler auf der Plazuela Labatida reinigen am Morgen ihren Arbeitsplatz. Vor vielen Geschäften wird die Straße sogar geschrubbt. Man kippt einen Eimer mit Seifenwasser aus und bearbeitet den Gehsteig so lange, bis auch das letzte Staubkorn verschwunden ist. Das kann für Fußgänger richtig zum Hindernislauf ausarten, wenn sie nicht unbedingt Wert darauf legen, die Füße gleich mitgewaschen zu bekommen.

Wann dann die „Künstler“, welche ihre selbst gemalte Werke oder handgefertigten Schmuck anbieten, auf dem Platz eintrudeln, weiß ich nicht genau. Komme ich aber mal am Nachmittag vorbei, sitzen sie dort vor ihren Staffeleien, schwatzen miteinander oder arbeiten. Wenn ich mich am Abend hier nochmals niederlasse, sind sie aber schon wieder beim Einpacken.

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Nicht so die Kunstgewerbehändler. Die trifft man noch weit nach Einbruch der Dunkelheit an. Man sieht sie dann an ihren Ständen mit der ganzen Familie zu Abend essen. Danach springt der Nachwuchs vor meinen Füßen herum und spielt Fußball oder schaut mir neugierig über die Schulter und will wissen, was ich da mache mit meinem Laptop. Viele der Händler sind bestimmt zehn Stunden am Tag auf dem Platz. Und das nicht selten sieben Tage die Woche.

Bullen leben hier gefährlich

Am Freitag hat man mal wieder einen Polizisten umgepustet. Das hatte ich anfangs gar nicht mitbekommen. Ich stand aber auch nicht wie Jonny genau daneben. Als wir uns am Samstag im Llano bei der Tianguis trafen, gab er die Geschichte zum Besten.

Wie immer war Freitagsmarkt im Llano gewesen. Jonny hing so kurz nach fünf auf einer der Parkbänke rum, als er es knallen hörte. Anfangs hielt er das Geballer für eines der vielen Feuerwerke, die hier jede Fiesta begleiten. Als aber den ersten Schüssen Machinengewehrsalven folgten, ist er dann doch lieber abgetaucht. Er meinte, sowas kenne er sehr gut aus seinem Viertel in den Staaten, wo es öfter mal knallt. Hier hatte er sich den Reflex allerdings schon abgewöhnt. Machte ja auch keinen Sinn, wenn normaler Weise bloß Knaller durch die Gegend fliegen.

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Jonny hatte noch einen schnellen Blick riskiert, um zu erfahren, was überhaupt los war. Auf der Straße sah er einen Mann mit dem Kopf in einer riesigen Blutlache liegen. Er wollte dann allerdings nicht warten, bis man die Leiche abtransportiert, hatte keinen Bock sich anzuschauen, was vom Gesicht des Typen übrig geblieben war.

In den Nachrichten war dann noch von einen zweiten Toten die Rede. Den hat Jonny allerdings nicht gesehen Komisch fand er allerdings, daß kurz nach den Schüssen alles von schwer bewaffnete Bullen wimmelte. Trotzdem ist nicht bekannt, wer deren Kollegen umgelegt hat.

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Auch über die Identität der Mörder des hohen Polizeioffiziers, den man Ende Januar beim Joggen erschossen hat, wird weiterhin fleißig spekuliert. Er schien nicht gerade beliebt gewesen zu sein und das nicht ohne Grund. So hat er sich als besonders brutal bei der Niederschlagung des Aufstandes vor zwei Jahren hervorgetan. Barrita Ortiz soll aber auch für die Verhaftung und das Verschwinden zweier Mitglieder der EPR (Ejercito Popular Revolucionario) verantwortlich sein. Die Guerilla bestreitet allerdings für das Attentat verantwortlich zu sein. Einige Journalisten vermuten aber auch, daß er Meinungsverschiedenheiten in der Regierung zum Opfer gefallen sein könnte und als unbequem einfach durch die eigenen Leute beseitigt wurde.
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